In Brasilien hat man es mit verschiedenen Marienerscheinungen zu tun, wenn man durch das Land reist. Ich meine jedoch nicht die „Schwarze Madonna“, die in vielen Kirchen vorzufinden ist, wenn ich mich nun der „Rauchenden Maria“ zuwenden will, obwohl auch sie in vielen Fällen schwarz ist.
Die „Rauchende Maria“ oder genauer, die „Maria Fumaça“, ist ein Oberbegriff für alle Dampflokomotiven in Brasilien. Diese werden beispielsweise noch durch die ABPF (Associação Brasileira de Preservação Ferroviária = Brasilianische Vereinigung zur Erhaltung der Eisenbahn) in Campinas (SP), Paranapiacaba (SP), São Paulo (SP), São Lourenço (MG), Passa Quatro (MG), Rio Negrinho (SC), Piratuba (SC) und Apiúna (SC) in sogenannten „Museus Dinâmicos“ (Dynamischen Museen) in Betrieb gehalten. Die Vereinigung arbeitet ehrenamtlich mit freiwilligen Helfern.
Ich hatte im Oktober 2015 Gelegenheit von Rio Negrinho (SC) aus eine Fahrt in einem Zug der ABPF mitmachen zu dürfen. Das nachfolgende Video wurde von der Vereinigung ins Netz gestellt.
Als ich mich zu der Fahrt mit dem Zug entschloss verweilte gerade meine Frau bei mir in Joinville, wo ich mich wegen beruflicher Belange aufhielt. Am Wochenende wollten wir aber auch ausprobieren, was ich gegebenenfalls in die, zu dem Zeitpunkt noch in Planung befindliche, Freundschaftsreise 2016 einbauen könnte. Ein Ausflug mit einer Dampfeisenbahn in das nähere Hinterland von Santa Catarina könnte da eine schöne Abwechslung sein.
Wieder hatte ich mein Problem mit der fehlenden brasilianischen Steuernummer, so dass eine Buchung über das Internet schwierig war. Wir riskierten also nach Rio Negrinho zu fahren und vielleicht kein Ticket mehr zu bekommen. Wäre schade, aber dann hätte ich den Ausflug mit dem Auto ausgedehnt und vielleicht den Zug an der einen oder anderen Stelle abgewartet.
Wir fuhren also los. Ich suchte die Strecke, die ich ungefähr eine Woche zuvor mit einem Geschäftspartner nach Rio Negrinho genommen hatte und fand sie auch in der SC-301. Anders als er konnte und wollte ich nicht so heizen, denn erstens hatte ich nicht seinen getunten Amarok, zweitens hatte ich meine Frau bei mir ( Ooops 😮 ) und drittens fehlten mir seine Kenntnis der Strecke sowie seine Erfahrungen von der Rally Dakar, an der er schon einige Male teilgenommen hatte. Da bin ich auf der Straße doch mehr der gemütliche Ostwestfale über den sich am Wochenende die Städter aufregen wenn sie zu uns auf das Land kommen! 😉
Es gibt auf der Strecke ein Teilstück welches „Estrada Dona Francesca“ genannt wird und sehr kurvenreich ist; zwar nicht so wie die Serra do Rio do Rastro, aber doch schon mal ein Vorgeschmack. Auch fing es an zu regnen und war stellenweise neblig. Das trübte ein bisschen die Aussicht, schürte aber die Hoffnung, dass vielleicht einige Leute ihre Reservierungen platzen lassen und wir so möglicherweise, trotz fehlender Reservierung, noch einen Platz ergattern könnten.
So fuhren wir durch die verregnete Gegend und brauchten gefühlt mehr als eine halbe Stunde länger als eine Woche zuvor. Auch ist es etwas anderes sich seinen Weg durch einen unbekannten Ort selbst suchen zu müssen, als auf dem Beifahrersitz auf kürzestem Weg sein Ziel zu finden. So kreisten wir ein wenig und erfuhren letztlich an einer Tankstelle, dass wir bereits mehrfach um den Bahnhof herum gefahren seien. Da war doch nirgends ein Schild, oder? Als wir den Weg dann erklärt bekommen hatten, sahen wir an jeder Ecke ein Schild! Wo waren die denn vorher? 😮
Am Bahnhof angekommen wollten wir den Wagen parken. Weil es just in dem Moment wieder stark regnete versuchte ich einen Platz dicht am Bahnsteig zu ergattern. Nicht ganz so leicht, aber wir hatten Glück, denn gerade als wir eintrafen fuhr ein anderes Fahrzeug fort. Wir hüpften über große Pfützen zum Bahnhof und waren schon fast triefnass, als wir den überdachten Teil des Bahnsteigs erreichten.
– Der Bahnhof von Rio Negrinho –
Hier war eine Menge los, denn inzwischen hatten auch einige Busse ihre Passagiere ausgeladen. Wir suchten den Fahrkartenschalter und fanden ihn schließlich im Gebäude mit einer wartenden Schlange von Menschen davor. Das sah nicht gut aus, denn sie alle holten ihre vorbestellten Fahrkarten ab. Ich beobachtete eine Familie, die wie wir nicht reserviert hatte. Sie wurde gebeten neben der Schlange zu warten.
Als wir endlich dran waren wurde uns erklärt, dass auch wir einen Augenblick warten sollten, denn noch seien nicht alle reservierten Tickets abgeholt. Man werde versuchen diese Leute anzurufen, um zu erfahren, ob sie ihre Tickets noch abholen würden. Ansonsten wäre der Zug bereits ausverkauft. 🙁 Wir wurden gefragt woher wir kämen und ich erklärte wir seien Eisenbahnfans und extra aus Deutschland angereist – damit bekommt man normalerweise in Südamerika auch Granit weich gekocht! 😉 Wir sollten dennoch ein bisschen warten.
Im Kreise der Clubmitglieder – alle sind Freiwillige – sprach sich schnell herum, wer wir seien und woher wir kämen, so dass wir schnell einige ältere Damen und Herren um uns versammelt hatten, die sogar teilweise stolz ihre Deutschkenntnisse präsentierten.
Zum Glück interessieren mich Eisenbahnen tatsächlich und ich konnte auch einiges erzählen. Ein Partner von mir in Porto Alegre ist stark im Eisenbahngeschäft Südamerikas engagiert und wir haben bereits versucht verschiedene Dinge zu organisieren. Ist aber nicht so einfach, denn Eisenbahn ist ein „politisches Geschäft“ und wer Brasilien kennt weiß was ich damit meine! 😉
In der Zwischenzeit kam die Meldung aus dem Ticketschalter, dass alle reservierten Tickets abgeholt würden und deshalb nicht mehr verfügbar seien. Wir ließen die Köpfe hängen. Aber die Herrschaften deuteten uns an, dass wir noch nicht wieder fahren sollten. Sie seien gleich wieder zurück. Wir sahen uns zwischen den Exponaten einer kleinen Ausstellung von Eisenbahn-“Reliquien“ ein wenig um und warteten. Draußen war es eh ungemütlich und der Regen hatte wieder zugelegt. Wo will man bei einem solchen Wetter auch hin?
– Der Schirm gehörte zur Standardausrüstung der Passagiere –
Nach ca. 10 Minuten öffnete sich wieder der Ticketschalter. Wir könnten jetzt unsere Tickets kaufen. Hatte ich da etwas falsch verstanden? War der Zug nicht bereits ausverkauft? Kamen jetzt bei dem Wetter die Stehplätze auf den Markt oder ein Jumper-Seat auf der Lok? Nein, man habe beschlossen noch einen Waggon an den Zug zu hängen, damit wir mitfahren können! Na das nenne ich „Jeitinho“, extra für uns paar Figuren noch einen Waggon anzukoppeln. Da hieß es schnell zahlen bevor es sich noch jemand anders überlegt.
Auf dem Ticket konnte ich dann auch lesen wohin es überhaupt gehen würde. Das hatte mich bis dahin überhaupt nicht interessiert, Hauptsache „Maria Fumaça“ fahren! 😉 Für Fans von Dampfloks ist schließlich der Weg das Ziel! Dass das Ziel „Rio Natal“ sein sollte machte mich auch nicht viel schlauer, lediglich mit „São Bento do Sul“ konnte ich etwas anfangen, so dass ich wenigstens ein ungefähres Gefühl für die Richtung bekam. Was kümmerte es uns – wir waren dabei! Gewonnen! 😉
Alle anderen Passagiere mussten in ihre Waggons einsteigen und ihre Plätze einnehmen, denn nun begannen die Rangierarbeiten. Zunächst wurde der voll besetzte Zug von der Lok – einer 1945 von Baldwin in den USA gebauten Mikado – um eine Waggonlänge aus dem Bahnhof zurück geschoben.
– Hohe Seriennummer der Mikado –
Die Freaks wissen, dass „Mikado“ kein Markenname oder Produktname ist, sondern eine auch in Europa gebräuchliche alte nordamerikanische Bezeichnung für Dampflokomotiven der Achsfolge 1’D1′. Es wird vermutet, dass der Name „Mikado“ japanischen Ursprungs ist, wohin die Lok auch geliefert wurde. Dort bedeutet „Mikado“ in etwa so viel wie: „Erhabene Pforte “, eine alte Bezeichnung für den japanischen Kaiser.
Die Achsfolge 1’D1′ bedeutet, dass die Loks eine Vorlaufachse, vier angetriebene Achsen und eine Nachlaufachse haben. Solche Loks sind eigentlich am besten geeignet zum ziehen von Güterzügen. An diesem Tage fuhren wir mit einem Personenzug los. Was soll’s? Nice to know. Auf uns warteten andere Abenteuer! 😉
Dann wurde die Lok abgekuppelt und entfernte sich ca. 300 Meter von den Waggons, um hinter einigen Weichen und einem Bahnübergang zum Stehen zu kommen.
– Rangierlok „6“ auf dem Weg zum Einsatz –
Daraufhin setzte sich eine kleine Rangierlok mit der Nummer „6“ in Bewegung, überquerte die Weichen, um auf der Rückseite des Bahnhofs einen einzelnen Waggon anzukuppeln. Diesen zog sie über die Weiche auf das Gleis, auf dem bereits die anderen Waggons vor dem Bahnsteig warteten.
– Nummer „6“ zieht den zusätzliche Waggon auf das Gleis –
– Der Waggon wird zu den bereits Wartenden geschoben –
Der neue Waggon wurde als Nummer „4“ an die wartenden Waggons angekuppelt und Nummer „6“ abgekoppelt worauf sie sich wieder auf das Abstellgleis unter dem Dach hinter dem Bahnhofsgebäude zurückzog.
Anschließend kehrte unsere Mikado zurück und wurde mit ihrer Front an die Zuggarnitur angekoppelt.
– Die Mikado kehrt zurück –
– Die Maulkupplung fällt ins Schloss –
– Zug „abfahrbereit“ mit der Mikado „Tender-voraus“ –
Jetzt konnten auch wir einsteigen. Da zeigte sich, dass Risiko auch gelegentlich belohnt wird. In unserem Waggon waren nur um die zehn Passagiere, während sie sich in den anderen Waggons drängten. Wir hatten quasi „Freie Platzwahl“. Die Sitzreihen hatten umlegbare Rückenlehnen, so dass die Passagiere immer in Fahrtrichtung sitzen konnten.
Für uns ermöglichten die vielen freien Plätze eine Bank nach vorn und die andere nach hinten zu legen, so dass wir fast ein Sofa für uns alleine hatten. Außerdem brauchte ich nun niemanden fragen, wenn ich mal links und mal rechts filmen wollte. Konnte es noch besser kommen?
Unser Waggon war der erste hinter der Lok, die sich unter lautem Pfeifen, mit Glockengeläut und dem Tender voraus langsam in Fahrt setzte. Wir verließen den Bahnhof, überquerten die anliegende Straße und bereits nach wenigen hundert Metern war von dem Ort nicht mehr viel zu sehen.
– Im Bahnhof von Rio Negrinho –
Der Zug tauchte in die Landschaft ein. Wir fuhren durch eine grüne Landschaft, der noch die herunter gegangenen Regenschauer anzusehen war. Die Schlaglöcher auf den Wegen waren gefüllt mit Wasser und zu großen Pfützen vereint. Wir passierten einige Brücken über Bäche, die hoch standen. Das Grün strahlte nach dem Regen frisch.
– Die Bäche sind voll mit Wasser –– in den Pfützen fließt das Wasser ab –
Es ist schön fern aller Straßen langsam durch die Landschaft zu schaukeln. Obwohl wir durch eine ebene Region fuhren, mal durch Wald und mal durch offene Landschaften, war es für die Betreiber der Schienenwege offensichtlich schwierig das Gleisbett eben zu halten, so dass die Wagen auch bei langsamer Fahrt heftig schwankten. Irgendwann hatten wir den trommelnden Rhythmus der Schienenstöße in uns aufgenommen. Dong-dong, dong-dong, dong-dong, …
– Kurvig durch die Wälder –
– Es geht gemächlich voran –
Lautes Pfeifen der Lok kündigte uns Straßen und Bahnübergänge an, die unseren Weg kreuzten. Wir kamen an entlegenen Höfen vorbei, die von der Zivilisation weit entrückt erschienen. Es zeigte sich uns ein Brasilien, das ich so noch nicht kannte, obwohl ich mich sehr gerne abseits der Hauptverkehrswege herum treibe.
– Waldwege kreuzen –
– Wo geht es zum Abenteuer? Nach links oder rechts? –
– Zufahrt nur über die Bahn –
Wir passierten auch kleinere Ortschaften und Siedlungen wie Serra Alta, wo wir dann auch den Straßen wieder näher kamen. Obwohl unser Zug für die dort lebenden Menschen nicht unbekannt sein sollte schien er doch auch für sie eine willkommene Abwechslung zu sein, denn sie winkten an vielen Stellen zu uns herüber.
– Siedlungen an der Bahnstrecke –
– Eine Straße neben der Bahn –
– Die meisten Bahnübergänge haben keine Schranken –
Weit vor dem Bahnhof von „Rio Vermelho“ wurde die Bahnstrecke zweispurig und es wurde auch gleich klar warum. Auf dem Gegengleis stand ein Güterzug mit drei Diesellokomotiven amerikanischer Bauart, die eine nicht enden wollende Kette von Güterwagen hinter sich her zog.
Es sind dies die Züge der ALL (America Latina Logistica), einem hauptsächlich in Argentinien und Brasilien tätigen Logistik- und Verkehrsunternehmen. Auf dieser und weiteren Strecken Brasiliens und Südamerikas befördern sie hauptsächlich landwirtschaftliche Massenfrüchte, wie Mais, Weizen, Soja, aber auch Holz, Kohle und Erze, etc. zur Verschiffung zu den Häfen. Diese Bahnlinie führt beispielsweise zum Hafen von São Francisco do Sul. Der auf dem Gegengleis stehende Zug sollte mit entsprechenden Gütern beladen sein.
Die ALL ist der Betreiber der Strecke und alle seine Züge haben Vorfahrt vor unserem touristischen Zug, was wir wenig später auch erfahren sollten.
– Es wartet ein Zug auf dem Gegengleis vor Rio Vermelho –
– Wir fahren nun an dem stehenden Güterzug vorbei –
– Eine scheinbar unendlich lange Reihe von Güterwagen –
Nachdem wir den langen, auf dem Nebengleis vor Rio Vermelho stehenden Güterzug endlich passiert hatten fuhren wir in den Bahnhof ein. Dort stoppte der Zug und wir wurden informiert, dass wir einen wahrscheinlich längeren Aufenthalt dort haben würden. Weil aber auch nicht sicher sei, wann es weiter gehe sollten wir uns in der Nähe aufhalten. Der Grund für den außerplanmäßigen Halt war ein Güterzug, der noch auf unserer voraus liegenden Strecke stehen würde und erst die Strecke frei machen müsse.
Zumindest hatte sich das Wetter ein bisschen gebessert und gelegentlich kam auch mal die Sonne durch. Was will man also anderes tun, als auszusteigen und ein wenig vom Umfeld in der Kamera einfangen.
– Der Zug steht im Bahnhof von Rio Vermelho –– Der Zug kann von allen Seiten her besichtigt werden –
– Unser Zug in ganzer Länge –
– Ein Blick in die Feuerkammer –
– Der Heizer hält die Lok unter Dampf –
– Man kann auch auf die Lok steigen –– Sozialwagen der ALL für Mitarbeiter –– Werkstattwagen und technische Ausstattung –
Vielleicht ist schon aufgefallen, dass die Räder von Lok und Waggons relativ nahe beieinander stehen. Das liegt daran, dass diese Strecke eine sogenannte Schmalspurbahn oder genauer Meterspurbahn ist. Der Schienenabstand beträgt exakt einen Meter. Als Schmalspur bezeichnet man alle Spurbreiten, die kleiner als Normalspur sind. Die Normalspur hat eine Spurbreite von 1435 Millimetern. Sie ist hauptsächlich in Europa, Nordamerika und China anzutreffen.
Der Vorteil einer Schmalspurbahn ist, dass sie wendiger ist, d.h. engere Kurven z.B. um Berge und durch Täler ziehen kann. Alle Spurbreiten, die breiter als Normalspur sind werden als Breitspur bezeichnet. Breitspur ist da von Vorteil wo die Strecken lang gezogen sind und überwiegend gerade verlaufen. Waggons, die auf Breitspur laufen schaukeln weniger und können gegebenenfalls auch mit einem höheren Schwerpunkt beladen werden, z.B. mit zwei Containern übereinander. Im Umkehrschluss sind Waggons auf Schmalspurbahnen „kippeliger“. In Südamerika sind fast alle Spurbreiten in größeren Netzen verbaut.
– Vertrauenerweckend? –
Gerade hier im Bahnhof von Rio Vermelho konnte man sehen wie ausgefahren und wellig die Schienen der Strecke waren. Wenn man bedenkt, dass über diese Strecke täglich mehrere schwer beladene unheimlich lange Güterzüge rollen, dann muss man sich wundern, dass davon nicht gelegentlich welche umfallen. Zumindest erklärte sich so auch unsere langsame Geschwindigkeit. Wir wären sonst sicherlich bis zu diesem Bahnhof schwindelig geworden.
Zum erstem Mal entdeckte ich auch die uns vorausfahrende Draisine, sie wartete voraus vor einem Bahnübergang auf uns. Sie hat die Aufgabe uns abzusichern und warnt beispielsweise an frequentierten Bahnübergängen den Verkehr oder stellt sicher, dass uns kein Zug entgegen kommt.
Ich bin immer wieder von der unkomplizierten Kontaktaufnahme zu Südamerikanern, insbesondere auch Brasilianern entzückt. Eine besondere Gruppe sind da aber auch die Eisenbahner selbst. Nicht nur, dass man uns unverzüglich auf die Lok eingeladen hatte und alles mehrfach erklärte. Wenn man sich für ihre Sache interessiert, dann sprudelt es nur so aus ihnen heraus. So erfuhr ich einiges über die Lok, den Betrieb auf der Strecke und die Absicherung des Verkehrs. Man zeigte mir ein Funkgerät mit dem man mit der Verkehrsleitzentrale verbunden sei. Nur von dort würden die Strecken freigegeben und Auskünfte über den Streckenzustand erteilt.
Nach ca. einer Stunde Wartezeit ertönte der Pfiff der Mikado erneut. Das war das Signal zum Einsteigen. Die Draisine war bereits um die nächste Kurve verschwunden. Es ging weiter.
Wieder ging es durch Wälder und hügeliges Gelände. Einmal durchfuhren wir sogar einen kleinen Tunnel.
– Dicht vorbei an den Pflanzen –
– Rechts und links hohe Pflanzen dicht an der Strecke –
– Da ist Licht am Ende des Tunnels –
– Alle haben ihren Spaß –
– Links eine Schlucht – rechts eine Felswand –
Dann wurde unser Zug wieder langsamer und hielt unvermittelt an – neben einem Friedhof!
Tatsächlich gab es neben diesem Friedhof noch eine Kirche mit einer großen offenen Halle und einen schönen Ausblick auf das Tal, sonst nichts. Aber das war unser Tagesziel. Wir waren angekommen.
Unter der offenen Halle waren Tischreihen aufgebaut. Eine Musikkapelle spielte auf, es gab bayrische Volksmusik von Rosamunde bis zu allem was mich Samstag abends in Deutschland vom Fernseher fernhalten könnte. Da wir die augenscheinlich einzigen Deutschen waren spielten sie bestimmt nicht für uns. Es ist die Musik, welche die Leute in der Region Santa Catarina eben gut finden! Bei den Jugendlichen soll es aber gelegentlich einen differenzierteren Musikgeschmack geben.
Es gab eine Theke und eine Küche in der „Café Colonial“ angeboten wurde. Allerdings wurde gleich entschuldigend darauf hingewiesen, dass man derzeit keinen Strom habe und deshalb die Getränke nicht kalt und einige Speisen mit ganz heiß sein könnten.
Was die Getränke anging machte mir das nichts aus – endlich mal kein Bier am Stiel lutschen, sondern es trinken können! Beim Essen war mir noch alles warm genug. Die Preise für Essen und Trinken waren nicht überhöht, sondern erschwinglich. Die exponierte Situation als exklusiver Anbieter vor Ort zu sein wurde nicht ausgenutzt.
Was mich allerdings ärgerte war der Umstand, dass ich die Akkus meiner Kamera nicht nachladen konnte. Sie waren schon ziemlich runter und auch im Zug selbst hatten sie keine funktionierenden Steckdosen.
Wir schauten uns nach dem Essen noch ein wenig in der Kirche und sonstigen Umgebung um bis wir wieder den Pfiff der Mikado hörten.
Während wir aßen hatte der Zug die Haltestelle verlassen und etwas weiter in Richtung Corupá auf einem weiteren zweispurigen Stück die Lok an das andere Ende gehängt. So konnte die Lok auf der Rückfahrt wieder in der „richtigen“ Richtung gefahren werden.
– Der Zug ist bereit für die Rückfahrt –
Ist Euch auch schon einmal aufgefallen, dass die Rückfahrt oft schneller um ist als die Hinfahrt? Liegt es daran, dass nichts Neues erwartet wird, vieles bereits bekannt erscheint und deshalb nicht so intensiv wahrgenommen wird? Auch wenn wir auf der Rückreise nicht noch einmal in Rio Vermelho einen Zwischenhalt einlegen mussten, so kam mir diese Fahrt doch auch so viel kürzer vor.
Jetzt saßen wir im letzten Wagen. Ich konnte nun von hier aus den gesamten Zug aufnehmen, mit der in der „richtigen“ Richtung ziehenden Lok.
Etwas „Besonderes“ hatte die Rückfahrt dennoch zu bieten. Etwa auf der Höhe von Rio Vermelho waren inzwischen die Flüsse so weit angestiegen, dass die Schienen selbst bereits an einigen Stellen unter Wasser lagen. Leider konnte ich das alles nicht mehr aufnehmen wegen der schwachen Batterien. Auch meine eigenen Batterien waren ziemlich runter, so dass ich einiges auch wegen eines Nickerchens nicht richtig mitbekam. War die Rückreise vielleicht deshalb schneller vorbei? 😉
– Landschaft unter Wasser –
– Büsche werden zu Inseln –
– Auch auf dem Rückweg passierten wir wartende Güterzüge –
Letztlich liefen wir dann wieder in Rio Negrinho ein.
Der Tag hatte sich gut entwickelt und trotz fehlender Reservierung und dem bescheidenen Wetter am Morgen wurde es für uns ein tolles – empfehlenswertes – Erlebnis. Wir fuhren wieder zurück nach Joinville und beendeten den Tag bei einem schönen Bier und gutem Essen in einem Restaurant in der Innenstadt.