Uruguays Murga

Candombe (oft verwechselt mit Candomblé, einer Variante afroamerikanischer Kulte, die ebenfalls in Uruguay vertreten ist) und Murga sind die beiden Elemente, die den Karneval in Uruguay so einzigartig und anders machen. Die Murga entstammt ursprünglich der Region Cadiz in Spanien und ist dort ein wichtiger Teil der spanischen Volksmusik. Inzwischen wurde sie in viele Länder übernommen, in denen spanische Auswanderer eine neue Heimat gefunden haben; so auch in Uruguay. Murgas werden vor allem bei Veranstaltungen wie Karneval, Jubiläen sowie bei Stadt- und Sportfesten aufgeführt.

1906 wird als das Jahr betrachtet, in dem die Murga nach Montevideo an den Rio de la Plata kam mit all ihren Satiren und Schelmereien. Man erzählt sich, dass eine Gruppe aus Cadiz im Hotel Casino auftrat, ihre Vorstellung aber mangels Publikum unterging. Daraufhin verließ die Murga-Gruppe das Haus und machte auf den Straßen weiter, wo sie anschließend grandios gefeiert wurden.

In gleicher Weise treten heute die Murgas in Montevideo auf den verschiedenen Tablados (Plattformen) auf. Zumeist tragen sie dort kleine Ausschnitte ihres Gesamtprogramms in Clubs und den Stadtteilen vor, wo sich noch heute, während des Karnevals, Hunderte von Zuschauern in jeder Nacht versammeln.

Die großen Auftritte finden jedoch im Rahmen eines jährlichen Wettbewerbs im Teatro del Verano „Ramón Collazo“, dem Freilufttheater Montevideos am Rio de la Plata statt. Für ihre Auftritte hat jede Gruppe 60 Minuten Zeit, die erstaunlicherweise meistens exakt ausgefüllt werden. Das uruguayische Fernsehen überträgt „Live“ und unterstreicht so die wichtige soziale Bedeutung der Präsentationen.

Üblicherweise werden Murgas von einem Chor aus 13 Sängern vorgetragen, die von einer kleinen Gruppe mit Schlaginstrumenten unterstützt werden. Gelegentlich tauchen auch andere Instrumente auf, jedoch werden sie meistens nicht nach Noten gespielt, sondern zur Unterstützung des Rhythmus eingesetzt. Die Sänger haben in der Regel ihre Stimmen ausbilden lassen und nicht selten werden die Chöre von Opernsängern angeführt.

Inhaltlich nehmen die Murgas in gesungenen Gedichten satirisch die Ereignisse des letzten Jahres auf die Schippe. Natürlich verstehen die Montevideanos und Uruguayer, die vielen kleinen versteckten, schelmischen Seitenhiebe besser als dies ein ausländischer Besucher, selbst mit guten Sprachkenntnissen je begreifen würde.

Zumeist geht es darum über bekannte Personen Uruguays, egal aus welchem Bereich der Gesellschaft (Politik, Sport, Wirtschaft, …), herzuziehen, insbesondere wenn sie im Laufe des vergangenen Jahres auffällig wurden.

Der ausländische Besucher wird sich wundern, warum sich beispielsweise die Zuschauer schon bei der Nennung einer einzigen Zahl auf die Schenkel klopfen vor lachen. Versteckt sich dahinter eine Hausnummer die zu jenem Bordell gehört, in welchem im Laufe des vergangenen Jahres ein Politiker peinlich erwischt wurde? 😉 Wer kann sollte neben ein bisschen Sprachkenntnis auch einen einheimischen Begleiter dabei haben, der die eine oder andere Pointe erklären kann.

Aber selbst dann wenn man nicht wirklich alles versteht macht es trotzdem Freude mitanzusehen wie die Artisten mit dem Publikum kommunizieren und sich gegenseitig aufschaukeln, denn vom Auftritt und der Gesamtgestaltung her ist das wirklich eine tolle Sache. Musikalisch ist die Murga interessant und abwechslungsreich. Alle Beteiligten treten in tollen Kostümen auf und sind zumeist auch sehr bunt geschminkt.

Beim Auftritt der Murgas lernt man die ansonsten eher ruhigen und besonnenen Uruguay von einer ganz anderen Seite her kennen. Es versteht sich, dass die Murgas und ihre Sänger in Uruguay sehr bekannte Stars sind und eigentlich das ganze Jahr im Rampenlicht stehen, insbesondere jene, die im vergangenen Jahr den Wettbewerb im Teatro de Verano gewonnen haben.

Um einen Eindruck von einer uruguayischen Murga zu vermitteln hänge ich einen kleinen Auszug aus dem Programm des Jahres 2015 der Murga-Gruppe „A Contramano“, vorgetragen im Teatro de Verano, an.