Buenos Aires – Ein Bummel durch die Innenstadt

Buenos Aires ist eine Stadt, die jeden Europäer sofort begeistern wird. Seine Struktur ähnelt jener europäischer Großstädte, denn besonders die Innenstadt ist im Schachbrettformat angelegt und erleichtert damit die Orientierung erheblich. Buenos Aires ist in meinen (europäischen) Augen die schönste und angenehmste Großstadt Südamerikas.

Erstaunt? Warum nicht Rio? Kein Zweifel, landschaftlich ist Rio nicht zu toppen. Mit der Guanabara Bucht, den Bergen, von denen der Zuckerhut der bekannteste ist und den vielen schönen Stränden, von denen jener von Copacabana zwar auch der bekannteste, aber längst nicht der schönste ist, verfügt Rio de Janeiro über naturgegebene Vorteile, die kaum eine andere Stadt der Welt vorweisen kann.

Dennoch lässt es sich in Rio de Janeiro nicht so lässig und so leicht leben wie in Buenos Aires. Das liegt auch erheblich daran, wie beide Städte mit ihren natürlichen Ressourcen umgehen. Während in Rio de Janeiro die Strände der Mittelpunkt des Lebens sind und der Umweltschutz noch viele Wünsche hat, ist Buenos Aires dem Wasser abgewendet, schützt jedoch seine Umwelt sehr und bemüht sich um ein sauberes Stadtbild.

Beide Städte haben ihre (Problem-)Vororte, aber Buenos Aires hat eine Innenstadt, die so lebendig, aufregend und unterhaltsam ist, dass Rio dahinter einfach zurück fällt. Gerade tagsüber ist es der bohéme Charme dieser Stadt mit seiner Kaffeekultur und seinen vielen kleinen Kramläden, die schon seit Jahrzehnten aus Deutschland verschwunden und vielleicht noch in Lissabon in vergleichbarer Dichte vorzufinden sind. Besonders die Nächte von Buenos Aires haben es in sich. Und doch macht es auch Spaß tagsüber durch die Stadt zu laufen.

Zwar am Rio de la Plata gelegen ist es nicht so ganz einfach aus der Innenstadt von Buenos Aires dorthin zu gelangen, attraktive Strände gibt es ohnehin nicht. Breite Straßen mit Schwerlastverkehr, einige Bahnlinien und die unterschiedlichen Häfen bilden einen (un)natürlichen Wall zwischen Stadt und Fluss.

Erst in den letzten Jahren hat die Stadt durch die Aufwertung des Puerto Madero damit begonnen diese Barrieren langsam aufzulösen. So ist man inzwischen dabei die Straßenbahnlinie zwischen Innenstadt und Puerto Medero umzubauen, so dass dort ein neuer, breiter und vor allem grüner Boulevard entstehen soll.

Der Besucher von Buenos Aires wird zunächst irgendwo in der Innenstadt sein Quartier finden und damit dort die Ausgangsbasis für seine Ausflüge legen. Ich habe schon in verschiedenen Hotels und auch privat in Buenos Aires genächtigt und kann deshalb sagen, dass sich je nach Geschmack und Geldbeutel für jeden etwas findet. Die meisten Quartiere befinden sich zwischen dem Rio de la Plata und der dominierenden Allee von Buenos Aires, der „9 de Julio“, sowie entlang, bzw. im Umfeld der „Avenida de Mayo“.

Das ist kein Wunder, denn dieser Bereich ist auch das Herz der Stadt. Hier liegen viele Museen, Theater, Kinos, Einkaufsstraßen und hier enden auch die großen Verkehrsschlagadern, die jeden Morgen die Pendler in die Stadt bringen und sie abends wieder hinausgeleiten.

Die unübersehbare Aorta der Stadt ist die „Avenida de 9 de Julio“, die weltweit wohl breiteste Straße, die mitten durch ein Stadtzentrum führt. Sie wurde in den letzten Jahren umgestaltet und führt nun mittig in jede Richtung zwei Busspuren mit zentralen, modernen Bushaltestellen die von vielen Buslinien bedient werden. Daneben führen in jede Richtung bis zu sechs Spuren für PKW. Schwerlastverkehr habe ich in diesem Bereich noch nicht gesehen.

– Die „9 de Julio“ –

Quer zur „9 de Julio“ verlaufen weitere Alleen, die in die Außenbezirke hinter der Stadt führen, wie die Alleen „Independencia“, „Belgrano“, „Rivadavia“, „Corrientes“ und „Cordoba“. Dem touristischen Besucher fällt jedoch die „Avenida de Mayo“ auf, obwohl sie keine jener Verkehrshauptschlagadern ist. Denn sie verbindet den „Rosa Palast“ mit dem argentinischen Nationalkongress und ist eher eine kurze Nebenstraße im Einbahnstraßenbetrieb.

– Die Casa Rosada am Anfang der „Av. de Mayo“ –
– „Av. de Mayo“ oft für Veranstaltungen gesperrt –

Entlang der „Avenida de Mayo“ und in ihrem Umfeld finden sich Hotels, Bars, Restaurants und einige bedeutende Tangobars, bzw. Milongas, wie die Porteños sagen würden. Es lohnt sich an der Avenida de Mayo in eines der Restaurants zu gehen und den bourgeoisen Charme der alten Zeit zu atmen. Sehr hübsch sind einige Kaffeehäuser, die reichlich verzierte Törtchen zum Kaffee anbieten und zum diskutieren einladen.

– Lecker Törtchen, hmmm –
– Auch die Stammkneipe bietet einen kleinen Mittagstisch … –
– … oder doch lieber das Menu Ejecutivo im Restaurant? –

Wer die „Avenida de Mayo“ von der „Casa Rosada“ zum Kongress gegangen ist sollte vor dem Kongress nach rechts in die „Avenida Callao“ abbiegen. Sie ist nicht besonders schön und meistens von Baustellen blockiert. Aber es liegen an ihr einige weitere Restaurants und Geschäfte.

Irgendwo kann man nach Belieben dann wieder nach rechts in eine der vielen Seitenstraßen abbiegen, um sich wieder auf das Stadtzentrum hin zu bewegen. Mich begeistern gerade diese vielen kleinen Nebenstraßen, denn in ihnen gibt es noch viele Spezialgeschäfte, wie wir sie eigentlich gar nicht mehr kennen. Ich ging beispielsweise die „Sarmiento“ hinunter – ein Tipp für Musiker.

– Hier gibt es eine unglaubliche Auswahl an Beschlägen … –
– … und hier freut sich die Erinnerung … –
– … bestens sortiert und geschützt vor gierigen Händen –
– An allem hing einst ein feuriges Herz … –
– … und die Helden machten Mut –

Auf der breiten „Avenida 9 de Julio“ angekommen beeindruckt zunächst der große Obelisk, der wegen einiger Diagonalstraßen von vielen Stellen der Stadt gesehen werden kann.

– Der Obelisk auch aus der Diagonalstraße (Sáenz Peña) sichtbar –

Der Obelisk ist neben der „Plaza de Mayo“ ein Kondensationspunkt für Veranstaltungen, Proteste und Demonstrationen und seit die Rally Dakar nach Südamerika gekommen ist startet diese dort. Vor einigen Jahren sah ich auf der „9 de Julio“ so viele Menschen bei einer Demonstration, dass selbst die großen Nebenstraßen voller Menschen waren. Das war schon beeindruckend.

Auf der anderen Seite der „9 de Julio“ bietet es sich an gleich in die „Lavalle“ (gesprochen „lawasch“) einzubiegen. Sie ist ab dort eine Fußgängerzone und kreuzt mit der noch bekannteren „Florida“, welche die bekannteste Einkaufsstraße von Buenos Aires ist. Auf beiden Straßen finden sich alle internationalen und nationalen Geschäfte von Rang und Namen. Es werden Lederwaren, Schmuck, Bücher und Souvenirs angeboten.

– Typisch argentinischer Grill in der „Lavalle“ –

Die „Calle Florida“, wie man vollständig sagen müsste, ist eine der Hauptsehenswürdigkeiten für Touristen in Buenos Aires. Sie ist ca. 1000 Meter lang, verläuft in Nord-Süd-Richtung und verbindet das Viertel San Telmo mit dem Geschäftszentrum San Nicolás.

– Tolle Ledermode in der „Florida“ –
– In der „Florida“ –
– Eine schöne Einkaufsstraße … –
– … und stets viele Menschen unterwegs … –
– … besonders zum Feierabend hin –
– Moderne Passagen … –
– … und klassische Passagen –
– Die „Florida“ ca. 1 km lang –

Insbesondere an der „Florida“ befinden sich viele alte und hervorragend restaurierte Gebäude, die heute als Einkaufspassagen genutzt werden. Am bekanntesten ist das Einkaufszentrum Galerías Pacífico, das seinen Namen von der im Gebäude ansässigen britischen Firma Ferrocarril Buenos Aires al Pacífico hat. Diese betrieb eine Bahnlinie, die Argentinien mit Chile und dem Pazifischen Ozean verband.

– In den Galerías Pacífico –
– Kein Tempel der Armut –

Ein Bummel über die Einkaufsstraßen „Florida“ und „Lavalle“ lohnt sich, selbst dann wenn es mehr um das Sehen, als um das Kaufen geht. Seit der Argentinien-Krise waren vor allem für ausländische Besucher die Preise attraktiv geworden, was sich heute aber schon wieder relativiert. Dennoch lohnt es sich auch in kleinere Läden einen Blick zu werden, bzw. in sie hinein zu gehen. So habe ich es mir nicht nehmen lassen in einer Bücherei im oberen Stockwerk einen Kaffee mit Kuchen zu bestellen. 😉

– Ein schöner klassischer Bücher- und Medienladen –
– Fährt man nach oben im Bücherladen … –
– … um dann letztlich im Café zu landen und zu lesen? –

Auf diesen bekanntesten Einkaufsstraßen ist fast ganztägig viel Betrieb. Sind es tagsüber die Berufstätigen, die in ihren Pausen schnell ihre kleinen Einkäufe erledigen, so versuchen gegen Abend Straßenkünstler Aufmerksamkeit zu erregen.

– Abends auf der „Florida“ –

Entlang beider Straßen hat man mittig Pflanzkästen mit kleinen Bäumchen aufgestellt, die den Straßen etwas Grün verleihen. Als „Arbolitos“ (kleine Bäumchen) bezeichnet man jedoch auch jene Leute, die wie Papageien jeden Passanten mit dem Wort „Cambio“ ansprechen. Immer wieder tönt es nach kurzem Abstand „Cambio, Cambio“.

„Cambio“ bedeutet „Geldwechsel“. Dieser Geldwechsel ist illegal und von der Regierung nicht gewollt. Das jedoch ist auch seine Nahrung, denn offensichtlich ist es trotz der Freigabe des Wechselkurses des argentinischen Pesos noch immer schwierig für Privatpersonen an ausländische Währungen zu kommen. So beauftragen viele Argentinier diese Leute (die Arbolitos) Geld für sie auf der Straße zu wechseln.

In der Regel läuft das so ab. Geht man auf die „Cambio“-Rufe ein und lässt sich ansprechen, dann erhält man ein Angebot zu wechseln. Die Bandbreite in der der Kurs verhandelt werden kann ist eng, denn die Konkurrenz ist groß. Ist man sich einig wird man vom „Arbolito“ (ich weiß nicht ob die Leute, den Begriff gerne hören, man sollte sie also besser nicht so ansprechen! 😉 ) einige hundert Meter entfernt in ein Ladengeschäft geführt, das sich oft am Ende einer wenig besuchten Passage befindet. Dort geht es in ein Hinterzimmer, in dem das Geld von Leuten gewechselt wird, die auch gut in einem alten Chicago-Schinken eine Filmrolle übernehmen könnten.

Aber nicht überall geht es so abenteuerlich zu. So hatte mich auch schon ein Frisör mit „Cambio“ angesprochen, mir die Haare geschnitten und anschließend das Wechselgeld für meine Euros in argentinischen Pesos herausgegeben. In jedem Falle ist es hilfreich die argentinischen Banknoten ein wenig zu kennen, denn es ist auch einiges an Falschgeld unterwegs und das Risiko beim Tausch übers Ohr gehauen zu werden will ich auch nicht unerwähnt lassen. Also schön aufpassen wenn man sich unbedingt auf ein solches Spiel einlassen will, denn Hilfe von der Polizei wird es nach einem Betrug wohl kaum geben.

Abseits von „Florida“ und „Lavalle“ hat die Innenstadt ebenfalls Interessantes in ihren weiteren Nebenstraßen zu bieten. Ein Bummel abseits der vorgenannten „Haupt-Touristen-Wege“ ist empfehlenswert. Viele der Nebenstraßen wurden inzwischen modernisiert und die Fußwege mit Pollern von der Straße abgegrenzt, so dass PKW zwar noch hindurch fahren können, aber kein Platz zum Parken finden oder Passanten gefährden. Was die Anwohner womöglich stören wird kommt jedoch den Fußgängern und Radfahrern zugute. Denn die Straßen wirken so übersichtlicher, aufgeräumt und weniger abschreckend.

– Separate Radwege vereinfachen das Vorankommen –
– In vielen Nebenstraßen sind die Fußgänger geschützt –
– Wenige PKW nutzen diese Straßen noch –

Gerade in diesen Nebenstraßen befinden sich dann jene Spezialgeschäfte, die Jahrhunderte zu überdauern scheinen und teilweise wie aus einer anderen Zeit wirken. Aber auch so manche Bar und kleines Restaurant scheint dort die Zeiten überdauert zu haben.

– Ein Antiquariat im Keller –
– Es scheint als würde hier noch manuell gedruckt –
– Baumarkt – gut bewacht … –
– … die haben aber auch Alles! –

Bei all den Sehenswürdigkeiten und interessanten Orten, alleine in der Innenstadt, kann es leicht passieren, dass sich abends, wie bei mir, die ersten Blasen unter den Füßen melden. Die können dann den Radius der nächsten Tage ein wenig einschränken. Um das zu vermeiden wäre es doch ein guter Grund gelegentlich in einer der vielen Straßencafés eine Pause einzulegen, ein Bierchen oder einen Kaffee zu trinken und einfach nur zu beobachten. Die Porteños machen es jedenfalls genau so vor.

– Es gibt viele Möglichkeiten für eine Rast … –
– … und einen Plausch –

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