Pomerode ist eine Stadt im brasilianischen Bundesstaat Santa Catarina. Zunächst ein Ortsteil der Stadt Blumenau ist sie seit dem 21 Januar 1959 eine unabhängige Stadt und bezeichnet sich selbst als die „Deutscheste Stadt Brasiliens“ mit dem „Deutschesten Fest Brasiliens“.
Nun, es gibt viele Orte dort im Europäischen Tal, die das von sich behaupten, so dass ein gewisser Wettstreit unter ihnen entstanden ist, wer denn nun deutscher sei. Für Besucher aus Deutschland ist das nur gut, denn so kann man sich gleich in mehreren Orten heimisch unter Palmen fühlen. Allerdings ist Pomerode dann doch etwas ganz Besonderes.
Nach dem zweiten Weltkrieg war (als Kriegsfolge, denn Brasilien stand während des 2. Weltkrieges auf Seiten der Alliierten) in ganz Brasilien der Gebrauch der deutschen Sprache und die Ausübung deutscher Kultur unter drakonische Strafen gestellt. Heute hat sich die Situation nahezu ins Gegenteil verkehrt. Nicht nur, dass in 2016 bereits das 33-te Pommernfest (die Pomerana) gefeiert wurde – seit dem 1. September 2010 ist Deutsch zweite offizielle Amtssprache von Pomerode.
Rund 90% der Einwohner von Pomerode (in ganz Brasilien sind es etwa 300.000 Einwohner) haben pommersch-deutsche Wurzeln und sind in der Regel zweisprachig. Aber nicht nur Deutsch erweckt ihr Interesse, sondern auch alle, die noch einen deutschen Dialekt, wie z.B. Platt sprechen können. Ihre enge Verbundenheit zu Deutschland unterstreicht Pomerode durch Städtepartnerschaften mit gleich zwei deutschen Städten und zwar Greifswald (seit 2005) und Torgelow (seit 2008).
Wer durch Pomerode fährt vergisst sofort, dass er sich in Südamerika oder gar Brasilien befindet. An vielen Stellen der Stadt finden sich Fachwerkhäuser, die an norddeutsche Katen oder Heuerlingshäuser erinnern, relativ klein sind und auf die Immigranten – wie die damaligen Einwanderer bezeichnet werden – hinweisen.
– Café „Tortenparadies“ in Pomerode –
Es gibt ein Café „Tortenparadies“ welches von einem Pomeroder geführt wird, der sein Handwerk in Deutschland gelernt hat. Auch ein Hotel „Schroeder“ und ein Restaurant „Schroeder“ deuten nicht gerade auf Samba hin. Die ortseigene Brauerei heißt „Schornstein“ und hat sich neben vielen weiteren Kleinbrauereien in der Region etabliert. Auch haben einige europäische Firmen, wie NETZSCH, Bosch Rexroth und Andritz ihre brasilianischen Zweigniederlassungen mit Produktionsstätten in Pomerode. Daneben gibt es eine starke und für ihre Qualität bekannte Kinderbekleidungsindustrie und viel weiteres mittelständisches Gewerbe.
Noch heute spürt man vielen Menschen in Pomerode den Spruch der Immigranten an: „Die erste Generation der Tod, die zweite Generation das Brot und erst die dritte Generation das Brot“. Entsprechend kultivieren viele noch immer einen kleinen Acker um ihr Haus. Die Pomeroder gelten als fleißig, arbeitsam und zuverlässig in Brasilien.
– Holzfällerdenkmal in Pomerode –
Arbeitslosigkeit ist in Pomerode unbekannt. Da muss ein entsprechender Ausgleich her. Also feiern die Pomeroder gerne, oft und heftig. Neben rund 16 sogenannten Kultur- und Sozialklubs, in denen wöchentlich immer irgendwo getanzt, gekegelt und sportlich geschossen wird richtet Pomerode ein bekanntes und beliebtes Fest im Januar jeden Jahres aus – die Pomerana. International steht die Pomerana ein wenig im Schatten des bekannteren Oktoberfestes in Blumenau. Anders als durch Größe punktet die Pomerana durch seine persönliche, fast familiäre Atmosphäre. Statt in großen Messehallen findet die Pomerana auf einem Festgelände statt, welches durch offene und damit gut durchlüftete Scheunen bestens an das Klima angepasst ist und ein Gefühl von Sommerfest aufkommen lässt.
Die Pomeroder sind, wie fast alle Brasilianer, sehr kontaktfreudig und es ist sehr einfach mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Deutsche Schützenuniformen unterscheiden sich erheblich von der Festbekleidung der Pomeroder, die süddeutschen oder pomerschen Trachten nachempfunden ist. Eigentlich muss man als Gast in Uniform nichts unternehmen, man wird angesprochen.
– Salzkottener Trophäe, gefunden auf Hut im Hinterland –
Denn das Interesse ist groß und eventuell erbeutete Trophäen haben einen hohen Wert. So fanden sich Salzkottener Schützenfestfähnchen, die 2009 in Blumenau an Festbekanntschaften verteilt wurden, ein Jahr später am Hut eines Besuchers des „Schlachtefests“ in São Bento do Sul, im Hinterland von Santa Catarina.
Selbst wenn die Feste im „Europäischen Tal“ verschiedene Namen haben, wie z.B. Oktoberfest, Schützenfest, Schlachtefest, Entenfest, etc. so sind sie sich doch in ihrem Festablauf und ihrer Struktur sehr ähnlich. Die Vereine bestimmen aus ihren Reihen einen König mit zwei ihn begleitenden Rittern (2. und 3. Platzierte, die Cavalheiros genannt werden). Diese werden in der Regel im Rahmen eines internen Wettbewerbs (Schießen, Kegeln, etc.) ermittelt.
Daneben gibt es noch die Königinnen, die jeweils von zwei Prinzessinnen (2. und 3. Platzierte) begleitet werden. Bei den Damen kann die Auswahl sowohl durch einen sportlichen Wettbewerb, als auch im Rahmen eines Schönheitswettbewerbs erfolgen.
Aus diesen Hervorgehobenen der Vereine werden dann noch einmal jeweils eine Königin, ein König und die dazugehörigen Prinzessinnen und Ritter ermittelt, welche dann das gesamte Fest repräsentieren.
Sehr beliebt unter den Festbesuchern sind Wettbewerbe, wie Baumstammsägen, Bier durch ein langes Rohr trinken oder möglichst viele Würste verspeisen. Es geht natürlich alles auf Zeit und jeder kann mitmachen.
– Baumstammsägen, ein Wettkampf für Jede und Jeden –
Da der Charakter des Volksfestes im Vordergrund steht sind neben Schützenvereinen auch andere Kulturvereinigungen, wie z.B. Trachtengruppen und karnevalistisch anmutende Festwagen fester Bestandteil eines jeden Umzugs, der natürlich dazu gehört.
– Beliebte Fahrradschlange beim Festumzug –
Auf dem Festgelände muten die Stände teilweise an wie bei einem Gemeindefest. Es findet sich alles, was sich auch nur im entferntesten mit „Deutscher Kultur“ in Zusammenhang bringen lässt. Manchmal staunt da selbst der deutsche Besucher über z.B. „typisch deutsche“ Gerichte und er fragt sich wo es das vielleicht in Deutschland geben mag.
Auf mehreren Bühnen spielen Kapellen, die neben brasilianischen Schlagern vor allem mit deutscher Musik bei den Gästen punkten. Von Schlager, über Volks- und Blasmusik bis hin zu Liedern von der Reeperbahn gehört alles zum Repertoire. Zum späteren Abend hin übernehmen Bands und heizen dem Publikum ordentlich ein. Jede Band spielt rund zwei Stunden, ohne eine Pause einzulegen. Anschließend werden sie erschöpft von der Bühne getragen und durch eine frische Band ausgetauscht, die dann in den kommenden zwei Stunden weiter das Volk in Bewegung hält. Das Spiel kann sich mehrmals bis zum frühen Morgen wiederholen.
– Eingang zum Festgelände der Pomerana –
Endet die Pomerana wird bereits am Folgetag im Stadtkern herunter gezählt wie viele Tage bis zur nächsten Pomerana fehlen. So gibt es in Pomerode zwei Jahreszeiten – die Pomerana und die quälend lange Zeit dazwischen in der man sich am Besten mit Arbeit und anderen kleinen Festen ablenkt!
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