Beim Frisör in Brasilien

Ja, auch das gehört dazu wenn man sich längere Zeit auf Reise befindet. Obwohl ich mir inzwischen eine, in Uruguay und Argentinien öfter anzutreffende, Langhaarmatte zugelegt habe wird es dann doch gelegentlich Zeit sich die Kopfbehaarung wieder in Form bringen zu lassen. Dabei kann man einiges erleben.

Es läuft heute, am 13.2. um 15:50 Uhr ein interessanter Betrag über einen Frisör in einer Favela von Rio de Janeiro. Der Film lautet „Beim Frisör in Brasilien“ (hier zur Mediathek verlinkt) und erzählt dabei nicht nur von dem Frisörladen, sondern bietet auch viele Einblicke in das Leben dieser Favela.

Selbst kann ich mich an einen tollen Frisörsalon im Zentrum von Porto Alegre erinnern. Dort kümmerten sich mehrere ältere farbige Herren um die Kundschaft und ich fühlte mich ein wenig wie in Kuba.

Der Frisörsalon war aufgeteilt in zwei Bereiche. Links waren die Spiegel abgebracht vor denen alte Frisörstühle standen, die auch zu heutiger Zeit noch unheimlich gemütlich waren. Immerhin muss man es sich auch bequem machen können, wenn es an den Bart geht.

Auf der rechten Seite standen verschiedene Tische und es wirkte ein wenig nach Bistro, war aber eben der Wartebereich für die Gäste mit Stoppelbacke oder Matte auf dem Kopf. Dort gab es Kaffee und ich betrachtete mit einiger Besorgnis, dass der beliebteste Haarschnitt der Brasilianer die Kurzschur war.

So nutzte ich die Wartezeit, um mir zu überlegen, wie ich es denn klar machen wolle eben nicht geschoren, sondern mit einem passablen Haarschnitt wieder aus dem Haus gehen zu können. Eifrig blätterte ich in den auch in brasilianischen Salons herumliegenden Illustrierten.

Von einem jener älteren Herren wurde ich dann zur Schur gebeten und nahm auf einem der Stühle Platz. Mit meinem damaligen Kauderwelsch und Hinweisen auf verschiedene Bilder in den Illustrierten versuchte ich zu erklären was er denn nun mit mir anfangen solle.

Er nickte mir wohlwollend und freundlich zu. Mein Unbehagen steigerte sich. Keine Fragen? Mit solchen Reaktionen habe ich keine guten Erfahrungen!

Ich sollte meinen Kopf zurücklegen, damit er mir die Haare waschen konnte. Nun ja, eine kleine Kopfmassage war jetzt nicht verkehrt. Er machte seinen Job angenehm und gut, so dass ich fast eingeschlummert wäre. Das Handtuch holte mich dann wieder zurück in den Raum.

Dann machte er sich ans Werk. Immerhin holte er nicht gleich den Scherer hervor sondern ging flink mit Schere und Kamm an die Sache. Misstrauisch gab ich mich geschlagen und harrte der Dinge die da mit mir passieren würden.

Dabei versuchte ich mich abzulenken und blickte über den Spiegel in den Raum. So ähnlich wird es schon in den Dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts ausgesehen haben, dachte ich so bei mir und wie war zu der Zeit der Haarschnitt? Ich erstarrte und blickte wieder zu dem Herren, der flink und scheinbar mit viel Genuss an meinen Haaren schnippelte.

Nun, noch war keine Kopfhaut erkennbar, zumindest nicht da wo noch Haare wuchsen und noch immer hatte er die Elektroschere nicht in Betrieb genommen. Bisher ging offensichtlich alles gut. Als er dann zur elektrischen Maschine (sah auch aus wie aus den Dreißiger Jahren) zur Hand nahm schien mein Kopf noch immer gut bedeckt.

Jetzt ging es nur noch um die Feinarbeiten am Hals, den Koteletten etc. Dann kam der Griff zum Spiegel. In der Tat, er hatte das besser hinbekommen als ich erwartet hatte. Ich war zufrieden.

Der Betrag, den er von mir forderte stockte ich angemessen auf, denn erstens war er im Vergleich zu den was ich in Deutschland hätte zahlen müssen sehr gering und zweitens hatte er meine Wünsche besser erfüllt, als ich es ihm je hätte erklären können.

Überhaupt bin ich mit den Diensten der brasilianischen Frisöre bisher sehr zufrieden gewesen und habe viel gelernt. Denn eines scheinen alle Frisöre der Welt gemeinsam zu haben. Sie erzählen alle sehr gerne! 😉