Ich bin gerne in Südamerika und habe dort auch schon einige persönliche und überwiegend positive Erfahrungen gesammelt. Aus gegebenem Anlass möchte ich dennoch darauf hinweisen, dass viele meiner Berichte einen Zustand beschreiben, der eben in der Vergangenheit liegt.
Zudem ist es auch so, dass sich Südamerika nicht unbedingt überall gleich entwickelt. Während sich Kolumbien beispielsweise auf einem Weg der Befriedung befindet und vielleicht in nächster Zeit als Reiseland und Partner für Geschäfte an Attraktivität gewinnen wird, entwickeln sich derzeit Länder wie Venezuela und Brasilien in die entgegen gesetzte Richtung.
Meine brasilianischen Geschäftspartner kämpfen inzwischen nicht nur wirtschaftlich an ihren Grenzen. Gerade in den größeren Städten verzichten schon einige darauf überhaupt noch zu ihren Büros zu fahren. Vor einem Monat schickte mir ein Geschäftspartner aus Porto Alegre Informationen, dass direkt vor seinem Office ein Stadtbus überfallen und anschließend in Brand gesteckt wurde.
Seit dem 27.7.2017 warnt auch das Auswärtige Amt: „Die Gefahr, Opfer eines Raubüberfalls oder eines anderen Gewaltverbrechens zu werden, ist in Brasilien erheblich höher als in Westeuropa. Besonders Großstädte wie Belém, Porto Alegre, Recife, Salvador, Fortaleza, São Luiz, Maceio, Rio de Janeiro und São Paulo weisen hohe Kriminalitätsraten auf. Grundsätzlich ist Vorsicht angebracht, auch in als sicher geltenden Landes- oder Stadtteilen. Besonders stark von Kriminalität und Gewalt betroffen sind Armensiedlungen (Favelas). Von Favela-Besuchen wird daher dringend abgeraten. Diese Gebiete werden teilweise von Kriminellen und Drogenbanden kontrolliert. Bewaffneten Auseinandersetzungen, auch mit der Polizei, fallen häufig auch Unbeteiligte zum Opfer.
Eine Häufung krimineller Zwischenfälle ist vor allem in weniger belebten Straßen der Innenstädte, an Stränden sowie auf Zubringerautobahnen zu den Flughäfen zu verzeichnen. In größeren Flughäfen können Taxis auch schon im Flughafengebäude gebucht und bezahlt werden, was mit höherer Sicherheit verbunden ist. Bei der Reise sollten Ausweispapiere nicht im Gepäck aufbewahrt sondern am Körper getragen werden. Am Zielort ist es empfehlenswert, Originale der Ausweispapiere im Safe des Hotels zu lassen und nur Kopien und eine Broschüre/Visitenkarte des Hotels mit sich zu führen. Laptops sollten unauffällig, z.B. in einer verschließbaren Reisetasche, verstaut oder auch in den Safe gelegt werden.
Es wird empfohlen, beim Straßenbummel auf auffällige Kleidung, Uhren und (Mode-) Schmuck zu verzichten und Geld und Wertsachen (Kameras, Uhren, Smartphones etc.) nur im erforderlichen Umfang mitzunehmen und verdeckt zu tragen. Bei Überfällen sollte kein Widerstand geleistet werden. Die oft unter Drogeneinfluss stehenden Täter sind in aller Regel bewaffnet und schrecken vor Gewaltanwendung auch aus nichtigem Anlass nicht zurück. Es ist ratsam, stets einen geringeren Geldbetrag zur widerstandslosen Herausgabe mitzuführen.“
Auch die brasilianische Regierung reagiert und entsendet bereits das Militär nach Rio de Janeiro, um die teilweise überforderte und unterbezahlte lokale Polizei zu unterstützen. Die Deutsche Welle schreibt unter dem Titel: Brasiliens Präsident Temer schickt Soldaten nach Rio: „Angesichts der massiven Zunahme von Gewalt in Rio de Janeiro sollen jetzt 10.000 Soldaten für mehr Sicherheit in der Millionenmetropole am Zuckerhut sorgen. Gleichwohl: Es erscheint wie ein aussichtsloser Kampf.“
Wirklich überrascht bin ich nicht, denn schon vor den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro war ich nicht überzeugt, dass sich eine Stadt mit einer solchen Bevölkerungsstruktur dauerhaft befrieden lässt. Tatsächlich war es so, dass schon während unserer „Freundschaftsreise“ im Januar 2016 direkt an der Copacabana versucht wurde einer Mitreisenden ein ganz dünnes Goldkettchen vom Hals zu reißen. Obwohl es hieß, dass der ganze Strand überwacht werde war von Polizei weit und breit nichts zu sehen.
Ich frage mich welchem Umstand es zu verdanken war, dass während der Spiele nicht von Überfällen berichtet wurde, denn ich bezweifle, dass es zu dem Zeitpunkt wirklich sicherer als zuvor war.
In jedem Falle würde ich eine solche Reise, wie die „Freundschaftsreise 2016“ zum gegenwärtigen Zeitpunkt so nicht wiederholen und ich frage mich auch, ob sie überhaupt noch einmal in der Form möglich werden wird.
Mitansehen zu müssen, was da aktuell in Brasilien passiert macht mich traurig, zumal auch weder politisch noch wirtschaftlich da überhaupt irgendeine Besserung in Sicht wäre.